Schulgarten

Schulgarten in Alstedde



Wer das kleine Holztürchen zum Schulgarten zwischen der hohen Hainbuchenhecke und dem Fliederbusch gefunden hat, sollte nach dem Eintreten einen Moment stehen bleiben. Die Sinne brauchen Zeit, um zu entdecken, was ihnen in diesem Garten geboten wird. 
Immer leuchtet etwas. Zu jeder Jahreszeit erfreuen Blüten, Blumen, Beeren, Äpfel den Gast. Die Hagebutten und das anhängliche Laub schaffen es sogar bis zum Winter. 
Immer summt, tropft, singt, knackt und knistert etwas. Und der tiefe Atemzug nimmt eine andere Luft auf als noch draußen auf dem Weg.

Der Schulgarten in Lünen- Alstedde ist untrennbarer Teil des historischen Ensembles, das 2015 auf Betreiben des Arbeitskreises Umwelt und Heimat e.V. Lünen unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Das Ensemble besteht aus der 1865  erbauten ältesten einklassigen Schule in Altlünen mit Scheune, Schuppen und Gartenstück. Die Erweiterungsbauten von 1919 und 1959 geben Zeugnis über die Entwicklung der Schullandschaft am Standort „Alter Kirchweg“ und stehen dem Denkmalschutz nicht entgegen.

In dem ältesten Schulgebäude wurden über 80 Kinder aller Altersstufen in einem einzigen Klassenraum unterrichtet. Darüber befand sich die Lehrerwohnung. Über den Hof gingen die Schülerinnen und Schüler zum Abort in der Scheune. Die beiden Schweine des Lehrers kamen im angrenzenden Stall unter. Praktischerweise wurde der Mist durch eine bodenebene Luke direkt aus den Boxen auf den tiefer liegenden Mistfall gekehrt, von wo aus er in den angrenzenden Schulgarten verbracht wurde.

In den Anfangszeiten gehörte der Garten, von den Bauern nach Klassengröße dem Lehrer zur Verfügung gestellt, zum festen Bestandteil des Einkommens eines Volksschullehrers. Die Dorfschulmeister waren sehr arm und mussten die Bauern, deren Kinder sie unterrichteten, um Milch und Fleisch bitten. Das Obst, die Kartoffeln und das Gemüse bauten sie im eigenen Garten an. Dabei waren die Schulkinder nicht nur theoretisch an der Gartengestaltung beteiligt. Der Lehrer verstand es meist, sich Entlastung dadurch zu schaffen, indem er den Schülerinnen und Schülern Hacke, Harke und Schaufel in die Hand drückte.


So wie im bekannten Kinderbuch “Die Häschenschule“ von Albert Sixtus könnte eine Unterrichtsstunde im Schulgarten ausgesehen haben:


 Mit den grünen Wasserkännchen laufen hier die Hasenmännchen,
weil das Kraut die Blätter hängt, wird`s mit kühlem Nass besprengt.
Mädchen hocken vor den Beeten, um das Unkraut auszujäten.
Und der Lehrer, der gibt acht, dass es jeder richtig macht.

 

Mitte der achtziger Jahre entdeckten Mitglieder des Arbeitskreises Umwelt und Heimat das zwischenzeitlich verwilderte und zugemüllte Stück Land und nahmen sich der 2500 Quadratmeter an. Die Stadt Lünen überließ es ihnen mit Auflagen zur Nutzung als kostenloses Pachtland. Eine engagierte Gruppe um Adolf Reiß, ehemaliger Stadtarchivar, konzipierte den Aufbau des Gartens nach historischen Vorbildern, rodete, errichtete Wege, pflanzte Buchsbaum um die Beete, setzte Obstbäume und begrenzte alles mit Weißdornhecken

Acht Pächterinnen und Pächter beackerten ab 1989 als Pioniere nach strengen Vorgaben das Grundstück. Heimisches Gemüse ist und war erlaubt, ebenso Blumen jeder Art. Die Giftspritze ist verpönt, Plastikfolie nur kurzfristig zur Anzucht geduldet.

Der gemeinsame angelegte und bearbeitete Kompost hat dazu geführt, dass die Bodenverbesserung seit den Schottertagen zu Beginn deutlich sichtbar ist.

Der Schulgarten wird bis heute ununterbrochen bearbeitet, die Gärtnerinnen und Gärtner wechseln mal zeitig, mal nach Jahren. Doch alle haben die Verpflichtung wahrgenommen, dieses Stückchen Land gemeinsam zu pflegen und bei Gemeinschaftsaktionen mitzuhelfen.

Neben den Menschen haben auch Tiere hier einen lebenswerten Ort gefunden. Die liebevoll gestapelten Hölzer für die Igel, der Steinhaufen für wärmeliebende Kreaturen, die Insektenhotels an der Schuppenwand und die unterschiedlichen Nisthilfen werden angenommen. Ein Imker hat 4 Beuten aufgestellt, in einem kleinen Hühnerhof scharren 4 Legehennen glücklich im Boden.

Bei Besichtigung der Gärten sind schnell die unterschiedlichen Naturauffassungen zu bemerken: geordnete Beetanlagen neben geschwungenen Wegen, Blumenpracht neben Stangenbohnen, kindgerechter Naschgarten und Kartoffeln, Topinambur und auch Kapitulation angesichts der raumgreifenden Kürbispflanzen.

Die Büsche mit Beerenfrüchten können von allen Mitgliedern abgeerntet werden. Rhabarber, Eier, Honig und Blumen werden nach Angebot und Nachfrage getauscht.

Der Garten stellt uns jedoch auch vor neue Herausforderungen. Das Absterben der Buchsbaumhecken durch den Zünsler nimmt dem Garten die angelegte Struktur. Es wird jetzt nach einer neuen formgebenden Umrandung gesucht.

Den Garten findet man am „Alter Kirchweg 45“ in 44534 Lünen.

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